Mein Kater Tom kam in die Küche geeilt. Es
war sieben Uhr morgens und noch verschlafen brühte ich mir gerade einen
Kaffee auf. „Morgen, Kater", brummte ich, und war froh, einen solchen zu
besitzen, aber nicht zu haben.
Der Kater nahm mich gar nicht zur Kenntnis.
Seinen Fressnapf fand er interessanter. Er steckte seinen Kopf in die
gefüllte Schüssel und zog ihn ihm Eiltempo wieder heraus. Vorwurfsvoll
blickte er mich an. Die Augen drehte er zum Himmel, so, als stände ihm
gerade ein wichtiger Herzinfarkt ins Haus.
„Hör mal zu, Kater", brummte ich, während
die Kaffeemaschine leise zischte, „bis gestern Abend gehörte Leberragout
aus der Dose zu deinen Lieblingsgerichten. Also friss."
„Miau", antwortete der Kater. Was bis
gestern galt, war für ihn völlig uninteressant. Wie konnte sein Mensch
bloß so herzlos sein, ihm dieses Mahl hinzustellen? Um die schlechte
Meinung, die er nun von mir hatte, noch einmal zu bekräftigen, mauzte er
gleich ein zweites Mal. „"Das mir mein Mensch so etwas antun kann",
hieß das.
Der Mensch konnte. Ohne jeden Skrupel
deckte ich meinen Frühstückstisch, schlug die Zeitung auf, und begann zu
lesen. Laut. Um den Kater zu verwirren.
„Regierungskrise", las ich. Der Kater
wälzte sich ächzend am Boden. „Nacktmodell Imann will heiraten". Der
Kater blickte nicht einmal auf. Aber gut, er ist kastriert.
„Diätenerhöhung in Berlin." Interessierte ihn nicht. Er war selber auf Diät.
Der Kater überlegte angestrengt. Zumindest
machte es den Anschein. Vermutlich hatte er eingesehen, dass er auf die
Schmoll-Tour nichts erreichen konnte. Also begann er, meine Beine zu
beschmusen und biss in meinem dicken Zeh.
„Du bekommst nichts anderes", zischte ich
von oben herab. „Schließlich will ich mir nicht nachsagen lassen, dass
ich dich falsch erziehe. Du musst lernen, zu essen, was in den Napf
kommt, basta."
„Mau", machte der Kater. Er hatte kein Wort verstanden.
Ich seufzte lang und anhaltend. „Wie soll
mir mein Frühstück schmecken, wenn du mich die ganze Zeit ärgerst? Ich
habe heute Vormittag frei und möchte einen erholsamen Tag verbringen.
Also laß mich bitte in Ruhe."
Der Kater dachte überhaupt nicht daran.
Auch als ich das Frühstücksgeschirr wegräumte, wich er nicht von meiner
Seite. Er verfolgte jeden meiner Schritte aufmerksam, als hätte ich
irgendwo einen Futternapf in Reserve, den ich bislang gemeinerweise nur
noch nicht herausgerückt hätte.
Nachdem die Hausarbeit erledigt war, setzte
ich mich in den Fernsehsessel, um ein wenig zu entspannen. Der Kater
sprang auf meinen Schoß. „Hunger", sagte sein Blick.
„Erziehung", sagte ich.
Schließlich packte ich den Kater und trug ihn zu seinem Futternapf. Ich stupste ihn mit der Nase hinein. „Das isst du jetzt".
Der Kater schüttelte sich angewidert: „Das
esse ich nicht!" Und da seine Nase mit dem derart verschmähten
Leberragout in Berührung gekommen war, begann er, sie ausgiebig am
Teppich abzuputzen. An meinem Teppich.
„Andere Katzen putzen sich die Nase mit der Zunge", protestierte ich. Aber was soll man einem Kater sagen?
Ich setzte mich zurück in den Sessel. Der
Kater rannte schnell wie ein Blitz hinter mir her. Wahrscheinlich
wünschte er sich, ich würde mich in eine Maus verwandeln. Oder in ein
kleines Kaninchen. Irgendetwas, das man essen konnte.
Der Kater sprang auf meinen Schoß und nahm mich scharf ins Auge.
So saßen wir uns gegenüber. Auge in Auge. „Du bekommst nichts", zischte ich. „Doch", miaute er.
Es war ein harter Kampf. Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Schließlich ließ sich der Kater auf den
Rücken fallen und begann zu schnurren. „Miau", machte er und ließ sich
den Bauch streicheln. Dann hielt er seinen Kopf hin und bedeutete, daß
nun die Ohren an der Reihe seien.
Tom war hinreißend. Tom war entzückend. Tom war Stein-erweichend. Tom ist ein Biest.
„Du hast gewonnen", gab ich schließlich
seufzend auf. Wir standen auf und gingen in die Küche wo wir gemeinsam
eine Dose neuen Katzenfutters öffneten, die er dann fraß. Triumph
blitzte in seinen Augen, während sein Kopf zufrieden im Fressnapf
verschwand.
Dennoch. Katzen sind leicht zu erziehen! Und von Taktik haben sie überhaupt keine Ahnung...
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